Das Abendanz´sche Haus Vor der Restaurierung des Abendanz-Haus in den Jahren 1987 bis 1990 mochte man diesem Gebäude wegen seines heruntergekommenen Zustandes nicht ansehen, welch große Geschichte sich in ihm barg: Im 18. Jht. war es eine Zweigniederlassung eines bedeutenden Weinhändler Frankens und nach der Säkularisartion für eine Zeit Zufluchtsort des letzten Abtes des Klosters Amorbach..
Das äußere des Hauses
In seinen Anfängen wurde das Haus wohl noch im späten 16. Jht, spätestens jedoch kurz nach 1600 erbaut. In dieser ersten Bauphase war der Bau sowohl innen wie außen fachwerksichtig erstellt und das Erdgeschoß in Bruchsteinmauerwerk - Sandstein- errichtet worden. Beherrscht wird die Außenfassade von der Fachwerkkonstruktion im Obergeschoss mit ihrer reichen Ornamentik. Typisch für die Bauzeit sind die aufwendig geschweiften Diagonalbalken, sog. Kopfbänder, in den die Fenster von einander abteilenden Gefachen der Frontfassade. Im Brüstungsfeld fallen die reich beschnitzten Ziergefache auf, deren Muster zur Mittelachse der Frontfasade symmetrisch angeordnet sind. Besonders beachtenswert ist die aus miteinander gekreuzten, geraden und geschweiften Balken bestehenden flechtwerkartige Konstruktion der Brüstungsgefäche des zweiten bzw. vierten Fensters. Neben den Schwellen uns Rähmbalken sind auch die Eckständer profiliert und beschnitzt. Die stark stilisierten Gesichtschnitzereien am nördlichen und westlichen Eckständer, die ursprunglich farbig bemalt waren, sind sog. Neidköpfe. Sie sollten alles Böse, Neid und Missgunst vornehmlich, abwehren. Das gesamt Fachwerk war schon in der ursprünglichen Fassung mit einer roten Balkenfarbe hervorgehoben. Auffallend ist die Hofeinfahrt mit ihrem profilierten steinernen Rundbogen. Dieser Torbogen, von dessen Art noch manche an den früheren Freihöfen des Ortes erholten sind, deutet auf einen relativ großen Umgriff des Anwesens. Das Haus besitzt auch einen tonnengewölbten Keller, dessen Gewölbe in gutem, trockenem Zustand ist.
Im Schlußstein des rundbogigen Kellereingangs ist die Jahreszahl 1671 eingeschlagen. Diese Datierung dürfte eine erste Umbauphase des Hauses markieren. Im Fachwerk wurde dann Holz aus 1660 verbaut. Daneben wurde zu dieser Zeit eine schlichte Architekturmalerei in dunkelgrau gehaltener Quaderform an der Außenfassade des Erdgeschosses erstellt. Ansonsten fanden bei diesem Umbau offensichtlich nur Veränderungen der inneren Raumstruktur statt. Als das Haus Mitte des 18. Jht. in den Besitz des Weinhändlers Abendanz kam, wurde, wenn nicht schon früher um 1700, ein zweiter Umbau vorgenommen. Hierbei wurde die Sichtfachwerkkonstruktion aufgegeben und die Fassade vollständig überputzt. Damit erhielt das Haus eine repräsentative Barockfassade, wobei die regelmäßige Fensterachse erhalten blieb. Außerdem erhielt die Eingangstür eine typisch frühbarocke profilierte Ohrenrahmung aus Sandstein. Über dem Türgewande ist eine stark verwitterte Sandsteinplatte zu sehen, die noch teilweise einen achteckigen Rahmen für ein Schriftfeld oder ähnliches erkennen lässt. Eine Inschrift oder Kaufmannszeichen kann man jetzt nicht mehr ausmachen.
Man betritt das Haus jetzt über eine schlichte Sandsteintreppe mit Podest. Die Originaltreppe, eine weit in die Straße auslaufende, seitlich von mächtigen Sandsteinquadern begrenzte Podesttreppe ist leider nicht mehr erhalten. Sie fiel um 1960 dem Straßenausbau zum Opfer.
Die Innenansicht des Hauses
Im Inneren des Hauses sind noch spärliche Reste früheren Prunkes erhalten, denn in der Blütezeit der Abendanz'schen Weinhandlung entsprach es sowohl in seinen Ausmaßen als auch in seiner Einrichtung einem vornehmen Bürgerhaus. Zum Zeitpunkt des Umbaus durch Abendanz wurden die Räume neu aufgeteilt und ihre Wände vollständig neu verputzt. Zur gleichen Zeit erfolgte die Stukkierung der Balkendecke in Räumen des Erdgeschosses und teilweise auch im Obergeschoss. Vermutlich wurden damals auch neue Türblätter und neue Türstöcke angebracht. Die Eingangstür besteht aus einem alten aufgedoppelten Türblatt mit drei senkrecht verlaufenden Feldern.
Die Treppe zum Obergeschoss stammt aus dem 19. Jht. und beeindruckt durch ihre schlichte und doch handwerklich ansprechende Ausführung. Sie ersetzt eine ursprünglich vorhandene Barocktreppe, deren Geländer aus Vollbalustern noch in Teilen um das Treppenloch im Obergeschoss erhalten ist. Eine Empiretür und eine weitere Tür aus dem Obergeschoss mit reichen Barockvolutbeschlägen sind leider nicht mehr vorhanden. Das abgewalmte Satteldach wird von einem zweibödigem Kehlbalkendachstuhl getragen, der mit Windaussteigungen mittels halbhoher Streben verstärkt ist. Im zweiten Dachboden haben die Aussteifungen durchweg die Form von Andreaskreuzen.
Bewohner
Wie bereits erwähnt wurde, diente dieses Haus als Zweigniederlassung des Weinhändlers Johann Simon Anbendanz. Er wurde im Jahre 1715 geboren und war zu seiner Zeit einer der bedeutendsten Frankenweinhändler. Er hatte weitverzweigte Handelsverbindungen in ganz Süddeutschland und besaß neben der Niederlassung in Großheubach Filialen in Frankfurt und Augsburg. 1796 war Großheubach mit einer Rebanbaufläche von 101 ha die größte Weinbaugemeinde im ganzen Umland. Hier und im Taubertal kaufte Abendanz den Wein billig auf und setzt ihn in Frankfurt und Augsburg mit hohem Gewinn ab. Nach seinem Tod in 1796 ging die Weinhandlung an seine Erben über. Es ist anzunehmen, das Abendanz einen Faktor mit der Verwaltung seiner hiesigen Güter und Geschäfte betraut hatte. Ein solcher Verwalter könnte der 1820 genannte und mit der Abendanz-Familie verwandte Franz Joseph Scheppler gewesen sein.
Als 1803 das Kloster Amorbach im Zug der Säkularisation aufgelöst wurde, musste Abt Benedikt Külsheimer Amorbach verlassen. Der damals 73-jährige Abt erhielt hier im Haus eine Wohnung. Hier wohnte es bis zu seinem Umzug nach Miltenberg, wo er 1815 starb.
Das Abendanz'sche Haus wurde 1820 mit Keller, Wasch- und Backhaus, Scheune mit Stall und einem weiteren großen Keller, Schweinestall, Holzhalle und Hofraum (so steht es im Grundbuch vermerkt) von der Gemeinde Großheubach aus dem Besitzt des Joseph Scheppler angekauft.
Es erfolgte der Umbau zum Schulhaus. Hierbei wurden umfangreiche Veränderungen in der Raumeinteilung und im Fachwerkgefüge vorgenommen. Zu diesem Zeitpunkt wurden neue Stützen eingesetzt und die Barocke Fensteranlage verändert.
Fast 100 Jahre währte die Nutzung als Schulhaus, bis 1910 das neue Schulgebäude errichtet wurde und das Haus für eine Lehrerwohnung hergerichtet wurde. In der nachfolgenden Zeit diente das Haus als Wohnung und Praxis für einen Arzt. Nach dem Krieg wurden auch Flüchtlinge in diesem Haus untergebracht.
1983 wurde an dem inzwischen total verwahrlosten Haus notwendige Sicherungsmaßnahmen durchgeführt. In einem Gemeinderatsbeschluss von 1985 wurde beschlossen das Haus zu erhalten und zu restaurieren. Diese Maßnahme wurde von 1978 bis 1990 durchgeführt. Dabei wurde das verputzte Fachwerk wieder freigelegt und teilweise erneuert. Die Originalfassade wurde wiederhergestellt und das Dach neu eingedeckt. Das Erdgeschoss erhielt einen neuen Verputz nach Resten der unter dem alten Putz freigelegten Architekturmalerei. So wurde das zuvor unscheinbare und heruntergekommene Gebäude zu einem Schmuckstück Großheubachs.